Wenn die Blumengärtnerin ins Gartenjahr startet, robbt sie sich draußen aufräumend durch die Beete. Stauden und Gräser werden zurückgeschnitten, altes Laub abgeräumt und erste Beikräuter entfernt. Auf alle Töpfe kommen ein paar Hände frische Erde und wo sich Pflanzen zu breit gemacht haben, greift die Gärtnerin ordnend ein. Weil sie Gewachsenes schlecht entsorgen kann, topft sie nebenbei allerlei Jungpflanzen. Auch alle Fenster werden geputzt, damit der Blick in den Garten ein ungetrübter ist.
Wenn mein Küchengärtner-Mann ins Gartenjahr startet, beginnt drinnen im Haus das große Aussäen. Samen der Schlangengurke ‘Saiko’ mit ihren langen, gerippten und leicht bestachelten Früchten kommen in Aussaaterde, dazu Rote Beete der Sorte ‘Ägyptische plattrunde’, die kurzlaubig und dunkelrot wächst. Ausgesät werden auch die Italienische Salatmischung ‘Misticanza’ und Wilde Rauke, schließlich lieben wir frische Salate rund ums Gartenjahr. Auch Hokkaido-Kürbis-Samen kommen in die Erde. Den größten Teil der Aussaaten macht allerdings unsere Haustomate ‘Ruthje’ aus. Dutzendfach werden Samen schon im Februar gesät. Später sollen damit das Gewächshaus und eine zweite Anbaufläche bestückt und auch eine kleine Fangemeinde versorgt werden.
All die Aussaaten müssen natürlich auch Platz finden. Einen warmen Platz. Den gibt es über ein paar Wochen aufgrund von Frostnächten nicht im Gewächs- sondern nur im Wohnhaus. Damit das Auflaufen und Treiben vorankommt, beginnt also zwischen der Blumengärtnerin und dem Küchengärtner-Mann das Gerangel um die Fensterbretter. Eine Fensterbank nach der Anderen wird von Deko-Gegenständen beräumt.
Während mein Mann durchaus zufrieden ist, dass dem „Tünnef“ mal der Platz streitig gemacht wird, hadert der Schöngeist in mir. All die Aussaattöpfe in Wohn- und Esszimmer, in Küche, Bad und Büro – wahrlich kein schöner Anblick. Dann wieder gehe ich in mich: Ist mir Blumengärtnerin vielleicht der Blick verstellt? Sollte ich nicht lieber all die auflaufenden Samen als Vorboten eines guten Erntejahres begrüßen? Und mich schon mal auf das selbst herangezogene Gemüse freuen?
Ich ahne: Das Gerangel um die Fensterbretter wird unsere nächsten Gartenjahre begleiten. Doch da ist auch Trost: Das Da-Sein der Jungpflanzen im Haus währt nur ein paar Wochen. Bricht die Wärme sich erst Bahn, ziehen alle um. Ins Gewächshaus!