Herlinde Koelbl ist eine der bekanntesten und bedeutendsten deutschen Porträtfotografinnen. Dreißig Jahre lang porträtierte sie Angela Merkel. Sie hat deutsche Wohnzimmer, Kleider machende Leute oder die Faszination Wissenschaft unter die Lupe genommen. Für ihre zahlreichen Bücher, themengleichen Dokumentarfilme und Videoinstallationen kamen auch Männer, starke Frauen oder jüdische Frauen und Männer vor die Kameralinse.
Das Thema der Veränderung, der Vergänglichkeit, zieht sich durch viele Arbeiten der heute 80jährigen. Nun aber präsentiert die Fotokünstlerin im Glaspalast in Augsburg erstmals ein Fotoprojekt, das ohne Menschen auskommt.
Der Fokus liegt auf der Natur. In der Ausstellung „Metamorphosen“ zeigen 120 Farbfotografien Blumen, Blüten und Früchte im Wandel des natürlichen Kreislaufs. Zeigen das Werden, Vergehen und Entstehen.
„Licht fällt durch ein löchriges Blatt, ein Netz feinster, verzweigter Adern wird sichtbar. Eine Zitrone gleicht einem porösen Stein. Eine Frucht hüllt sich in zarte Fäden. Blütenblätter wellen sich zu erotischen Gebilden. Glattes verwandelt sich in vielfach Gefaltetes. Vergänglichkeit zeigt sich malerisch in phantasievollen Farben und mit einem ungeahnten Formenreichtum“, macht der Steidl-Verlag im zeitgleich erschienenen Buch zur Ausstellung neugierig.
Herlinde Koeble sagt von sich, dass sie zwar einen Garten habe, aber keine Gärtnerin sei. Also kaufe sie jeden Sonnabend auf dem Wochenmarkt Blumen. Keinen kleinen Strauß, sondern viele verschiedene. 2015 begann sie, das Welken und Verblühen zu fotografieren. „Damals entdeckte ich die Blumen neu, indem ich sie in einem Moment betrachtete, wenn wir normalerweise wegschauen – wenn wir achtlos an dem verblühenden Beet vorbeigehen oder den welken Strauß wegwerfen“, erzählt die Fotografin. Sie entdeckte, dass die Natur im Vergehen eine neue Schönheit entstehen lässt. Und dass es einer besonderen Achtsamkeit bedarf, um dies zu erkennen.
Nun werden Sie sich vielleicht fragen, warum ich dies hier so ausführlich beschreibe. In diesen Vorfrühlungstagen bin ich viel im eigenen Garten. Erlebe hier ganz praktisch die Verwandlung. Was dem Ausstellungsbesucher in Augsburg vielleicht die Naturfotografien sind, ist für mich der eigene Garten: Eine Schule des Sehens. Die das Leben feiert. Oder wie Herlinde Koeble sagen würde: „Gegenwart und Vergangenheit fließen ineinander. Und die Zukunft liegt im Wiederwerden.“