Eines meiner ersten Gartenbücher stammt von Gerda Nissen. Unter dem Titel „…und füllt mein Herz mit Freude“ sind „Gartentagebuch“-Texte versammelt, die die Journalistin einst für die Zeitschrift „kraut & rüben“ geschrieben hat. Zwei Texte sind mir aus dem Buch nach Jahren immer noch in Erinnerung.
Zum einen schrieb Gerda Nissen über die weiße Herbstanemone ‘Honorine de Jobert’, die am Ende des Gartenjahres über Wochen blüht, mit ihrer Anmut eine frühlingshafte, frohe Stimmung verbreitet und aus genau diesen Gründen in jeden Garten gepflanzt werden sollte.
Zum anderen klagte die Autorin ihr Leid, dass sie viele Male versucht hätte, die weiße Madonnenlilie im eigenen Garten anzusiedeln, weil diese doch so apart sei und wunderbar dufte und deshalb an jedem Sitzplatz zum Verweilen einladen sollte. Doch trotz so vieler Anläufe war Gerda Nissen die Ansiedlung nicht gelungen. Die bis zu anderthalb Meter hohe Pflanze mit edlen Trichterblüten hatte sich ihr verweigert. Beim Lesen des Textes stelle ich jetzt fest, dass die Autorin den Experten Recht gibt, die „dieses schimmernde Kleinod des Altertums“ als „wählerisch und unberechenbar“ bezeichnet hatten.
Der Madonnenlilien-Text muss mich beeindruckt haben. Wenn schon vor tausend Jahren der Abt Walahfrid Strabo im Kloster Reichenau davon schwärmte, dass der süße Duft der Blüte an die Wälder von Saba erinnere, dann wollte ich diese Schönheit der Botanik auch in meinem Refugium haben. Also besorgte ich mir vor Jahren ein paar Exemplare. Pflanzte sie in die Nähe eines Sitzplatzes im Kiesgarten.
Milder, kalkhaltiger Lehm, gute Drainage, ein geschützter Standort mit Sonne für die Blüten und Schatten für den Fuß – diese Bedingungen gibt es hier. Allerdings wirkt Lilium candidum neben Lavendel, Skabiosen, Chinesischem Bleiwurz, abgeblühter Jungfer im Grünen und Blaustrahlhafer wie eine Primadonna. Die Sonnenanbeter mit kleinen Blüten wurden hier vor allem danach ausgesucht, ob sie ungegossen durch den Sommer kommen, insektentauglich sind und selbst für ihre Verbreitung sorgen.
Nun – auch wenn ich nicht so viel überlegt habe, ob die einen mit den anderen gut harmonieren, so habe ich mich doch an eine Regel für die Madonnenlilie gehalten: „Bitte nicht berühren! Jeder Störenfried riskiert ihr Leben.“ Und so ernte ich in diesem Jahr einen Anblick, für den ich vor Jahren die Grundlage legte: Prächtige Madonnenlilien!