Wer einen Garten hat, will auch was von ihm haben. Damit mein Garten auf Vordermann bleibt, wässere ich, stutze Hecken, entferne Unkraut und schneide Verblühtes ab. Ich ernte Erdbeeren wie eine Weltmeisterin und koche Marmelade ein.
Ich labe mich an der Schönheit des Gartens. Versuche, diese mit meiner Kamera festzuhalten. Ich bin viel draußen, verbringe alle Pausen im Grünen, genieße selbst den Feierabend dort. Allerdings bilde ich mich gärtnerisch im Moment gar nicht weiter. Ich lese keine Bücher zum Thema, besuche keine Seminare, wälze keine gärtnerischen Probleme. Dann fällt mir das Büchlein „Die Kunst des Innehaltens. Ein Plädoyer für Entschleunigung“ von Pico Iyer in die Hände. Und ich bin auf einmal doch irgendwie in einer gärtnerischen Weiterbildung.
Pico Iyer, der Sohn indischer Eltern, ist in England geboren und in Kanada aufgewachsen und lebt heute in Japan. Er erzählt in dem Büchlein über seine Begegnung mit Leonard Cohen, den Held seiner Kindertage, der sich mit seinem Welthit „So long Marianne“ in unser Musikgedächtnis gesungen hat.
Er lernt also diesen kleinen Mann in den Sechzigern kennen, der gebeugt und mit kahlrasiertem Kopf darauf besteht, seine Taschen in die Hütte zu tragen: „Ich war hier heraufgekommen, um über das nahezu stille, anonyme Leben meines Gastgebers auf diesem Berg zu schreiben…. Ich konnte kaum glauben, dass der rabbinische Herr mit der Drahtgestellbrille und der Wollmütze in Wahrheit derselbe Sänger und Schriftsteller war, der dreißig Jahre lang weltweit den Ruf eines Herzensbrechers genossen hatte, eines rastlosen, weltläufigen Mannes.“
Später kommen Cohen und Iyer ins Gespräch – über das Stillsitzen, das der Eremit als „intensivste Unterhaltung“ beschreibt, die er in seinem Leben auf diesem Planeten gefunden habe. „Eine wahrhaft tiefe, lustvolle Unterhaltung.“ „Der größte Luxus.“ Pico Iyer akzeptiert diese „hochtrabenden, gnadenlosen Worte“ als „Worte mit Gewicht, wenn einer sie sprach, der schon allen Vergnügungen dieser Welt nachgegangen war“.
Wahrscheinlich werden Sie sich längst fragen, was all dies nun mit mir und meinem Garten zu tun hat? Nach über 20 Jahren Dorfleben weiß ich das fest-verwurzelt-sein an einem Ort sehr zu schätzen. Doch ich gärtnere andauernd, halte kaum inne. Vielleicht – so frage ich mich nun – sollte ich öfter mal stillsitzen?